I Hope The Beans Will Win, 1994 |
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Wandarbeit aus sechs Tafeln (bestehend aus jeweils 6
Verbundpflastersteinen), Fotobeschichtung
Abmessungen je Tafel
34cm x 41cm x 11cm
Die sechsteilige Wandarbeit „RUMBA“ gibt
Zeugnis von Georg Wittwers Interesse an der symbolischen Repräsentation
von Natur, das er zum inhaltlichen Anknüpfungspunkt vieler
vorangegangener Arbeiten gemacht hat. Hier ist es ein besonderes
Zufalls-Fundstück, ein „Leitklischee“ der Werbung, bei dem
Südsee-Romantik mit einer Männerphantasie von Weiblichkeit kombiniert
wird, dem trivialmythischen Bild einer jungen Frau, deren Augen hinter
einer überdimensionierten weißen Sonnenbrille versteckt sind, in deren
Gläsern sich in unnatürlich wirkender Schärfe ein doppelter
palmenbestandener Strand spiegelt. Der Mund der Frau zeigt ein klinisch
weißes Lächeln, ihr Kopf in einem lang eingeführten Genußgestus leicht
nach hinten geneigt, neben ihr, in entgegengesetzter Richtung, ist eine
sahnehaubenbewehrte Eiskremtüte zu sehen, darüber der Schriftzug mit dem
Namen des Produktes in stilisierten Leuchtbuchstaben. Man weiß nicht, ob
man sich darüber freuen oder wundern soll, wenn man sich beim
Wiedersehen dieses Werbeplakates noch an die Entstehungszeit dieser
Eiskremwerbung gegen Ende der siebziger Jahre erinnert. Das Bild einer
„genießenden“ Frau und das Bild einer „unberührten“ Natur werden im
Plakat zu einer unerträglich platten Werbebotschaft amalgamiert. Das
abgegriffene Bild hat Georg Wittwer in einer Kiesgrube entdeckt. Es
verziert dort, wie auf dem ersten Bild noch zu sehen ist, die Wand eines
ehemaligen Kühlcontainers – und das offenbar schon seit zwanzig Jahren.
Wittwer hat es auf sechs Felder aus Verbundsteinpflaster appliziert, auf
ein industriell massenhaft gefertigtes Baumaterial also, dessen
„Ursprung“ genau eine solche Kiesgrube ist. Die lineare Bewegung, die
sich über die sechs Teile der Wandarbeit von Georg Wittwer vollzieht,
ist die eines Zoom: der Blick rückt immer weiter heran an ein Detail des
Ursprungsfotos, Beim ersten Bild, einer Totale, sieht man die Umgebung,
die Kiesgrube, der Ausschnitt rückt immer näher an die dort sichtbare
Plakatwand heran. Fünf der aus jeweils sechs Steinelementen
zusammengefügten Bilder haben ein Querformat, nur eines, das vierte
weist ein Hochformat auf, es wird dadurch aus der Reihe hervorgehoben,
Was ist das besondere an diesem Ausschnitt? Er vollzieht nur die Umrisse
des Gesichts nach, so daß dessen äußere Linien sich in das Format der
steinernen Bildplatte einfügen. Er isoliert also zum einen das Gesicht
von der Werbebotschaft, zum anderen lenkt er den Blick auf ein höchst
merkwürdig erscheinendes Detail, das auf den beiden folgenden Feldern
noch in zunehmender Genauigkeit gezeigt, ja schließlich zur Hauptsache
wird: Im Bild wurde über der Partie mit dem Mund der Frau ein Scharnier
angebracht, das bei näherer Betrachtung die vom Auftraggeber gewünschte
schöne Illusion nicht nur verstellt, sondern durch das Wecken von
Prothese-Assoziationen brutal zerstört. Das gefundene Detail des
Scharniers steht am Ende der Entwicklungsreihe, mit ihm rückt die
vorgefundene Situation ins Abstrakte, wodurch ein treffendes Bild für
die Verschränkung von (Werbe-)Kultur und Natur gezeigt wird. Es ist
nicht die Kritik an den Werbeimages, die den Hauptantrieb dieser Arbeit
von Wittwer ausmacht; mit großem Gespür für die verwendeten Materialien
gelingt es ihm hier erneut in beeindruckender Weise, eine zufällige und
zunächst belanglos erscheinende Beobachtung in einen sehr viel größeren
Rahmen zu stellen.
Clemens Krümmel